November in der Stadt

 

Wie traurig sind die November

In denen man nicht liebt

Grau und verhangen

Himmel Und Gemüt

 

Und wie schön ist jeder Tag,

an dem man liebt

Die flache Sonne

Entfacht in den Bäumen

 

Die noch immer in allen Tönen

Der Abenteuer von Natur flammen

Eine Farbensinfonie

 

Im Tiergarten umringen Ahornriesen

Birnengelb und orangefarben

Die Teiche und Seen

In einem putzt ein Reiher die Federn

 

Im Wasser spiegeln sich Federwolken

Und auch der Rhododendronhain

Wo schon die Knospen die Feuerfarben

des nächsten Frühlings ahnen lassen

 

Die alte Ulme am Gendarmenmarkt

Hat ihr Sommerkleid abgelegt

Und zeigt die nackten Zweige

Aber hinter den Jugendstilhäusern

 

Am Hausvogteiplatz strahlt eine Eberesche

In nie gesehenem Glanz:

Blutrot die Beerendolden zwischen

Ockerorangenen Blättern, lichtdurchflutet.

 

 

 

Möwen an der Gertraudenbrücke

Kreischen zum alten Hafen

Hinter der Fischerinsel

 

Die Fassade der australischen Botschaft

Leuchtet rätselhaft in der Sonne

Und der Berliner Bär tappt durchs Gehege

Am Märkischen Museum,

 

Wo knorrige Platanen und Eichen

Das ziegelrote alte Haus umhüllen

Ulbricht-Lügen von 61 und Mauerklopfen

Von 89 kann man hier hören

 

Die Erinnerung ist sofort da

Wie wir das überlebte Regime weggefegt

Und der Mut, die neuen Mauern einzureissen

Wächst mit den Gedanken an den heissen Herbst.

 

Mauerreste am Ostbahnhof

Versperren den Blick auf die Spree

Doch am Osthafen sieht man vom Rad

Was allen Autofahrern verwehrt ist

 

Den Strom und die Ufer von Kreuzberg

Sowie von Treptow, Schiffe vor Anker

Das Badeschiff wartet auf den nächsten Sommer.

Der TrepTower ragt blau in den Himmel

 

„Neues Deutschland“ lese ich an der Brücke

Und denke an 40 Jahre Lügenjournalismus

Der auch heute nicht überwunden

Sondern neu verpackt ist.

 

Die Meta-Lügen unserer Zeit fordern mich heraus:

Konsum mache glücklich,

endloses Wachstum sei möglich

wir dürften das Leben instrumentalisieren

 

Das Paul-und-Paula Ufer

An der Rummelsburger Bucht

Erinnert an die große DEFA Liebe

Und die eigene Jugend

 

Ein alter Kahn liegt vor Anker

Und drauf bellt ein pechschwarzer Hund

Zwei wunderbare weisse Schwäne an

Die sich nicht drum scheren.

 

Am Rummelsburger Gefängnis

Für politische Gefangene sind endlich

Die Mauern gefallen

Beinah wär auch ich dort gelandet...

 

Nach den Don Quichotte Briefen

an die Regierung

Sie möge zurücktreten

Wenn sie das Volk betrüge.

 

Das Leben ist so bunt und reich

Wenn es mit der Liebe wächst

Und die Liebe wird alle Lügen

Alle Ungerechtigkeiten

 

Überwinden.

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