Winter
in Sankt Petersburg
Eisschollen treiben auf der Newa durch die Stadt
Blaugrün, darauf blendend weisse Vögel,
die ihre Schwingen ausruhen
darunter auch die Möwe Leila
Am Winterpalais schwebt die Erinnerung
an die verlorene Revolution durch die Eisluftschwaden
Die Schüsse vom Panzerkreuzer Potjemkin
Haben einen Diktator durch einen anderen ersetzt
Wir brauchen keine Revolutionen, die Diktatoren austauschen
Kein Pendeln von einem Extrem zum anderen
Wir brauchen die Balance
In der Peter und Paul Kathedrale schwingt ein Pendel,
hoch in der Kuppelspitze hängt es fest
die Kugel saust unten schwungvoll von Ost nach West
und von West nach Ost, immer hin und her
Und findet keine Ruhe, und sollte die Ruhe jemals einkehren
Wird sie in der Mitte sein, weder im Osten noch im Westen
Kann dies das Ziel sein?
Leila treibt derweil an der Fassade der Eremitage entlang
Berauschend schön, weisse Säulen, zauberhafte Rundbögen
Tragen das Dach mit den grünen Kupferbögen
und was für Schätze sollen erst drin sein, träumt Leila vor sich hin,
eine Sehnsucht und Wehmut in sich tragend,
die ihr Möwenherz nicht recht deuten kann !
Sankt Petersburg im Griff des Eises und Schnees
Geronnen die Erinnerung an Schüsse, Gewalt und Hunger
Wie an Pracht, höchste Kulturblüten, musikalische Ekstasen.
Die Verliebten schlendern, wie in allen Wintertagen von Sankt Petersburg
fest eingemummt und sich umklammernd
Über den Newski Prospekt in dem Vertrauen
Dass die weissen Nächte im Juni wiederkehren werden
Wenn Pit Pikus, der Buntspecht
und die Möwe Leila vom fernen Atlantik
sich hier in der lauen Frühsommerluft wiederfinden werden.