Aquarell der Düfte

 

 

 

Erste Erinnerungen reichen in die Kindheit

Herbe gelbe Seife am Waschbecken

Oma Ella erklärt, dass man erst das Gesicht wäscht

Am Schluß die Füsse, immer mit dem gleichen Wasser.

 

Die Rinnsale an den Dorfstrassen

Grünlich stanken sie vor sich hin

Sickernd gemächlich zum Anger

Wo nachts schwarze Zigeuner drohten.

 

Leipzigs Auewälder, in denen im Frühling

Der betörende Duft blühenden Bärlauchs

Mit den widerlichen Schaum-Chemie Dünsten von

Pleisse und Elster um die Herrschaft rang.

 

Grossmutter Helene rollt Schlangen grünlicher

Klossmasse auf dem Tisch, duftend nach Kartoffeln.

Die liebe Tante kommt aus dem Klo

der winzigen Wohnung - Und meint entschuldigend:

 

Na, eures riecht auch nicht grade nach Parfüm.

Mein Neffe gesteht unter vier Augen,

dass er gern seine Pupse unter der Bettdecke schnuffelt.

Ich denke an das Malheur Maximus des Fahrstuhl-Pups.


Essig, Ata, Kernseife, die klaren strengen Düfte von

Ost Reinlichkeit machten Platz

Den synthetischen, gefälligen Düften der

GeldScheffel Chemielabors dieser Welt.

 

Doch gibt es ihn noch, den reinen Duft von Lavendel

Eingefangen von lila Feldern Südfrankreichs,

Düfte von bunten Tulpenfeldern in Holland

Und die Zauber-Düfte gelber Rosen von alten Rosenstöcken.

 

Und die Menschen heute: Viele bemänteln sich mit Düften

Aus den Laboratorien, um die Leere ihres Inneren

Zu übertünchen. Andere greifen zu Moschus und Ambra

Um das fehlende innere Feuer zu ersetzen.

 

Meist ist die Synthese aus Chemie und Mensch

Entstehend hier, abstoßend, und man ist froh,

wenn man dem Dunstkreis solcher Zeitgenossen

Entkommen kann und statt ekliger Geruchs-Symbiosen

 

Wieder die Düfte einer Sommer-Wiese

Eines Heuhaufens, eines blühenden Obstgartens

Eines guten Weins oder gar

die Düfte eines geliebten Menschen in der Nase hat:

 

Den Duft eines Babies oder eines zuckerkranken Freundes

Einer alten Tante oder eines Knoblauch Kumpels

Oder die Sinfonie der Düfte im Liebesspiel

Die Ouvertüre des Pfefferminz-Atems und geduschter Haut

 

Dann frisch-würziger Duft nach Schweiss

Im Nacken, auf dem Bauch, unter den Achseln

In der Körpermitte locken kraftvolle Düfte.

Den heftigen Atem mit den leisen Schreien

 

Saug ich ein voller Glück.

Zum Schluß die Nuance des Verfliessens

Der Düfte von Säften wie in einem Aquarell.

Und die Zusammenschau der Düfte des Lebens

 

Zeigt eine Vielfalt und Breite, die dem, was Augen und Ohren

Vermelden, nicht nachsteht, und in der Wirkung auf unser Leben

Vielleicht bedeutsamer noch ist. Wie oft sind Augen und Ohren

Betrogen worden in unserem Leben.

 

Doch kann man die Nase korrumpieren?

Wer kann sich dem Charme der Düfte blühender Pflanzen entziehen?

Dem Charme der Düfte sympathischer, lebendiger Menschen

Und wer der Tragik der Düfte des Welkens und Verblühens?

 

Düfte sagen die Wahrheit

Und aus der Perspektive des liebenden Herzens

Machen sie unser Leben um so viel reicher

Als es die anderen Sinne vermögen.  

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